Filmtechnikstudien

Rubrik: Geräte

Aufrüstung des Bildwerferraums im Kinomuseum Berlin mit 16mm-, 35mm- und 70mm-Bildwurfmaschinen nebst aller standardisierten Filmtonformate

Im Januar 2014 begann der Aufbau und Anschluss einer 35mm-Kinomaschine FP30-D. Die Ergebnisse zeigten hervorragenden Bildstand und vorzügliche Ausleuchtung der Serie, geeignet auch für Archivfilmkopien.

Im nächsten Schritt wurde die DP70-Projektoren aus dem ehemaligen TABOR-Kino in Wien montiert (über die Jahre im LEO KINO in Innsbruck aufbewahrt und gerretet). Der erste Breitfilmprojektor der Nachkriegszeit, kombiniert für 70mm- und 35mm-Format und 1962 mit dem Technischen Oscar der Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) ausgezeichnet und seither in den größten Roadshow-Kinos verbreitet.

Hinzu gesellte sich der Erwerb eines 16mm-Bildwerfers Bauer Selecton II-0, der aus den Geyer-Werken in Berlin Neukölln ersteigert wurde.

Im Simultanbetrieb (und für A/BVergleiche) sind weiters Aufbauten von Bauer U4-Kombimaschinenn für 35mm- und 70mm-Film in Arbeit.

Rubrik: Filmband & Ton

Erhellung von Widersprüchen am Beispiel der Filmrestaurierung

Seit Lawrence of Arabia und Spartacus, My Fair Lady oder Vertigo (Restaurierungen, die angeblich länger in Anspruch nahmen als die Pro­duktion der Filme selbst und jedesmal über 1 Million US-Dollar an Restaurationskosten verschlangen – ungeachtet dessen, wie lang ein Film, wie breit das Format, wie vielkanalig der Ton ist) wird von den Restaurateuren Katz und Harris mit dem Wiederholungszwang notorischer Zauberer unaufhörlich von verblaßten Kameranegativen gesprochen. Ein wahres Mysterium, das sich hier auf Eastman Color-Originalnegative bezieht, wovon aber Kopierwerksexperten und Archivare weder etwas je gehört, geschweige denn gesehen haben. Gleich sämtliche Eastman Color-Originalnegative sollen nach Katz und Harris in einem fuchterregenden Zustand sein, demgemäß seien auch Kopierungen vom Originalnegativ (seinerzeit mit hoher Farbbrillanz und unübertroffener Schärfe) heute undenkbar – nur den Restaurateuren Katz und Harris wäre somit die Errettung versunkener Filmschätze zu verdanken.

Paradox ist und bleibt die Kette an Begründungen, die widerspruchslos von renommierten Branchenblättern wie „Variety“, „American Cinematographer“ und – mangels ausreichender Bearbeitungsbeschreibungen der beiden Restaurateure besonders verheerend – auch in den deutschen Fachzeitschriften kurzerhand übernommen wurde (mitunter noch falsch über­setzt oder im Ausdruck prosaisiert), nachgerade in vorauseilender Dankbarkeit für jede neue Filmrestaurierung. Oft ist unbestreitbar, das wäre einzuräumen, selbst eine unbefriedigende Restaurierung entweder ein Sicherungsschritt rechtzeitig vor der Zersetzung (Nitrofilme) und/oder eine notwendige Vorstufe für kommerzielle Revivals des versunkenen Breitwand-Kinos auf dem Kinomarkt mit Kopien hoher Auflage. Dubios mutet indessen an, wenn der Regisseur Martin Scorsese für die Wahrhaf­tigkeit der Vertigo-Restaurierung mit seinem Namen bürgt (und gleichzei­tig in seiner >TV<-Serie ,,Reise durch den amerikanischen Film“ Geschichtsmythen kolportiert); verwunderlich ist, daß selbst der pedantische Kubrick bei seinem ,,Stiefkind“ Spartacus fernmündliche Hinweise für die Nachsynchronisationeneingefügter Out-Takes gibt, ohne einer Überprüfung des Endprodukts der Restaurierung nachzugehen, und ärgerlich wird es schließlich, wenn der (klangtechnisch verzerrte wie farblich zu gelb-grün abgestimmte, d.h. kopiertechnisch fahrlässig überarbeitete) LAWRENCE OF ARABIA 1988 von David Lean persönlich für sakrosankt erklärt wurde, obwohl dieser kurz vorher noch freimütig auf Sender BBC über das „gut erhaltene“ Originalnegativ geplaudert hatte (das hernach von Robert A. Harris routinegemäß als fast zerstört gehandelt wurde).

Ein Plädoyer für die Offenlegung an Stelle reißerischer Andeutungen von Originalmaterien und Restaurierungswege wird somit auf Widerstände stoßen. Richtig ist bislang, daß eine Renaissance von Filmen in altem Glanz je­weiliger Farb- und Breitwandverfahren auf heutigen Printmaterialien die einstmalige funkelnde Brillanz nicht wiederzubeleben vermag. Wahr ist aber auch, daß man sich davor scheut, für kommerziell determinierte Restaurierungen mit heutzutage hoher Kopienanzahl (Massenkopien) erneut vom Original zu kopieren, sondern stattdessen Duplikat- und Zwischennegative anfertigt, was der Schonung des Originals dienlich ist, aber auch den „Originalcharakter“ aufgibt. Dieses Hindernis kann erst mit Fortschritten in der digitalen Abspeicherung von Originalen ohne übliche Kopierverluste beseitigt werden, sofern sie überhaupt bei Breitfilm-Verfahren und Farbverfahren verlustfrei durchgeführt würde, falls man das überhaupt für notwendig oder für bezahlbar erachtet.

Eine von den US-Restaurateuren vorgeführte Farb“katastrophe“ bezieht sich zum Glück nicht auf die vorgezeigten, angeblich zerkrümelten Negative, sondern auf Eastman Color-Kino“kopien“ (also Positive), die älter als 10 Jahre sind und unauf­haltsam dem Rotstich ausgeliefert sind: Eine „Kulturschande“ des Hauses in Rochester, könnte man wettern, wenn nicht gar eine kalkulierte Geschäftstüchtigkeit des Unternehmens, um an immer neue Kopieraufträge zu gelangen: mit jedesmal schlechteren Resultaten.

Von Restaurateuren, die sich bisweilen in der Wissenschaftsbranche tummeln, sollte künftig ein nachvollziehbarer Quellennachweis verlangt werden und eine gewisse Redlichkeit in der Darstellung der Vor- und Nachteile von Original- und Duplikatfassungen erwartet werden.

Vertigo – lustlos 1997 von der UFA-Theater AG in Berlin als Lückenfüller ins Programm geschoben – verzeichnete im Berliner „Royal Palast – Kino 2“ die schlechtesten Besucherzahlen seit Jahren und bundesweit genauso. Trotz gewissenhafter Vorführer konnte nur auf einer stark abgekaschten und verkleinerten Bildfläche projiziert werden und der >Digitalton< fiel in den ersten Vorstellun­gen ständig aus, sodaß Gäste ausgezahlt wurden. Und Lawrence of Arabia wurde 1991 bereits nach einer Woche aus dem ‚Royal Palast -Kino 1‘ genommen – trotz neuer 70-mm-Kopie -, reüssierte aber plötzlich auf „schnöden“ 35 mm monatelang im Neuköllner ‚Off-Kino‘, das für einen Monumentalfilm baulich „zu schmal“ ist. SPARTACUS schließlich spielte in Deutschland, ebenso wie Lawrence of Arabia, gerade mal die Herstellungs- oder Untertitelungskosten der (teilweise gebraucht angekauften) 70-mm-Kopie wieder ein.

Daß von „Vertigo“ immerhin schließlich drei >Todd-A-O<-Kopien für Deutschland vom UIP-Filmverleih herausgebracht wurden, ist vielleicht nur auf die Initiative der Berliner Kinemathek, diesen Film für die Kim-Novak-Hommage zu gewinnen und herauszustellen, zurückzuführen. Das bleibt ein Verdienst der Internationalen Filmfestspiele Berlin 1997.

Verwunderlich ist, daß Katz und Harris 1997 als eines ihrer nächsten Restaurationsprojekte ausgerechnet die West Side Story ins Gespräch brachten, die jedoch 2008 von der Kopierwerksfirma Foto Kem neu auf 70 mm direkt vom Originalnegativ kopiert wurde.

(c) Jean-Pierre Gutzeit (1994/2014 – alle Rechte vorbehalten)

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Eine Ausstellung diesbezüglicher Filmclips, Szenen-Captures und ggf. Vorführungen auf entsprechenden Filmbandrollen auf zeitgenössischen Kino-Projektoren können Sie zu den Öffnungszeiten im Kinomuseum Berlin besuchen. Unter kuratorischer Betreuung werden Vor- und Nachteile von Filmrestaurierungen und Neukopierungen analysiert.