Welche etymologische Funktion, das wäre im Sinne dieser Begriffsbildung zu erkunden, könnte dem neuzeitlichen und in Akademikerkreisen verwendeten Kurzbegriff >Scope< für die Zuordnung eines Filmformats zugewiesen werden? Man versucht sich am „Ei des Kolumbus“ und gelangt zu folgendem Versuch:
1) >Scope<-Film bezeichnet einen zunächst nicht näher eingrenzten, aber prinzipiell >anamorphotischen< Prozeß während der Produktionskette bis hin zum Konsumenten.
2) >Scope< als Wortstamm alleinstehend setzt innerhalb eines bestimmten Interessentenkreises (z.B. der Filmvorführer-Gemeinschaft) ohne weitere Hinzufügung voraus: es handelt sich stets um eine >Scope<-Vorführung, nicht unbedingt aber eine >Scope<-Aufnahme (wie etwa dieser Terminus unter Kameraleuten nächstliegend zu verstehen wäre).
3) Terminologisch sekundär ist unter dem Aspekt der Filmwiedergabe, ob der Film entweder >anamorphotisch< aufgenommen ist oder sphärisch. Ein Beispiel: >Scope< umfaßt z.B auch die >sphärische< <SuperScope>– oder <Techniscope>-Aufnahme und letzlich auch <Super 35>.
4a) >Scope< kennzeichnet etwas >Anamorphotisches<. Sprechen wir von der Filmproduktion oder einem Drehbericht, so bezieht es sich auf einen anamorphotischen Dreh, also auf das in der Bildgeometrie gepreßte Negativ.
4b) >Scope< meint auch andersherum etwas >Anamorphotisches<. Sprechen wir von der Kopie, so kennzeichnet es das Positiv im Kopierwerk oder Vorführraum, es ist die gepreßte Bildgeometrie auf dem Positiv gemeint.
5) >Scope< als ästhetischer Begriff beschreibt jedoch auch breit im generellen, weltläufigen Verständnis: es umfaßt mitunter einen Weitwinkel, einen breitgefächerten Blick, eine Breitwandvorführung wie 3-Streifen >Cinerama< oder 1-Streifen 70 mm, oder im weiteren einen 16 : 9-Fernseher, eine Industriezeitung, eine Software oder ein Periscope (a. ein Vibrator, b. ein Sehrohr auf Unterwasserbooten), ein Mikroskop, Mutoskop, Oszilloscope u.a. Geräte, >Scope< benennt auch (im Charakter des fish-eyes) kreierte Architekturanimationen, aber auch eine Management-Expertise, eine Evaluationspraxis im Marketing von pharmazeutischen Produkten u.v.m.
Aufgrund der vermeintlichen Eindeutigkeit des Kürzels >Scope< soll hier der Vorschlag erreicht werden, eine schärfere Begriffstrennung herbeizuführen und die >anamorphotischen< Prozesse von den >sphärischen< zu scheiden, indem der seit Einführung des >Scope<-Verfahrens verbreitete Wortstamm >Scope< identische oder ähnliche Prozesse subsumiert, aber nicht kenntlich macht. Indem das gemeinhin geläufige >Scope< in dieser Abhandlung durch die Reduplikation in >Scope< ersetzt wird, hoffe ich einen Oberbegriff gefunden zu haben, der kenntlicher macht, d.h. erahnbar werden läßt, daß mit „Scope“ zwar eine Überbreite und >anamorphotische< Wirkungssweise gemeint ist, daß aber gleichzeitig immer nachzuprüfen bleibt, wo konkret diese Anamorphose einsetzt und folglich visuell verschiedene Bildcharaktere gerieren kann.